Mit Gunst und Verlaub!
Ein meisterlich Werk! – Zum Himmelsgewölk
ragt strebend empor des Dachstuhls Gebälk.
Fröhlich und heiter wie Festtagsgewänder
flattern am Firste des Richtbaumes Bänder.
Vollbracht und vollendet mit Meisterhand
grüßet der Neubau weit ins Land;
festlich eint uns zu Feier und Schmaus
heute das neuerstandene Haus.
Lob ist vor allem den fleißigen Händen,
Meistern, Gesellen, Lehrlingen zu spenden.
Können und Fleiß mit Wissen gepaart
schufen ein Haus nach Meisterart.
Segnend und gütig mög‘ alle Zeit
Gott behüten dies Heim vor Leid.
Frohsinn und Eintracht und Seelenfrieden
sei immer des Hauses Bewohnern beschieden.
Und jetzt nach altem Zimmermannsbrauch
erheb‘ ich das Glas und bitte auch,
daß alle zum Richtfest Versammelten hier
im Geiste und Wunsch einstimmen mit mir:
Unser verehrter Bauherr,
und alle Bauleute ringsumher,
durch deren emsiges Bemühen
der Bau so trefflich ist gediehen,
sie mögen leben:
Hoch! Hoch! Hoch!
Vernehmt den Spruch aus luftiger Höh‘,
allwo nach altem Brauch ich steh‘
und schaue kühn und froh umher,
als wenn ich selbst der Meister wär‘.
Denn hoch vom neuerbauten Haus
blick ich zur Schöpfung weit hinaus
und seh‘, wie alles herrlich steht
durch Gottes Güt‘ und Majestät.
Wie er das große Haus der Welt
in seinen Fugen zusammenhält, —
wer hat nicht seine Lust daran?
Wer spricht, er hab‘s ihm nachgetan?
Wohl rührt sich Meister und Gesell‘,
ein jeder schafft an seiner Stell‘,
doch bleiben wir hinter dem Meisterstück
der Gottesschöpfung weit zurück.
Und wenn unser Bau nicht vollkommen ist,
so schadet‘s nicht; denn kurze Frist
ist uns auf Erd‘ nur zugemessen, —.
wollen wir darob den Herrn vergessen?
Er schenkte uns ja den Verstand,
dazu auch die geschickte Hand.
Wir messen und hauen Stück für Stück
und fügen die Balken zum häuslichen Glück.
Schaut um Euch her nach Süd und Nord:
Ein jedes Land, ein jeder Ort,
der stolze Palast und das Heiligtum
verkünden des Zimmermanns Ruhm.
Der Turm, der in die Wolken steigt,
das Hüttlein, bescheiden zur Erde geneigt,
sie rufen: Uns richtet der Meister ein,
dem Großen groß, dem Kleinen klein.
Damit wir nun hören zu dieser Frist,
wie hier der Bau uns gelungen ist,
ob er gehörig lang und breit,
ob er auch trotze dem Zahn der Zeit,
ob sich die Regel daran bewährt,
kurz, ob er geworden, wie man‘s begehrt:
So frag ich den Bauherrn vor aller Welt,
ob ihm das neue Haus gefällt.
(Antwort des Bauherrn)
Wohl uns! Da uns der Bauherr lobt,
so ist das Werk genug erprobt,
und jeder Tadel in Wort und Blick
sinkt in sein eigenes Nichts zurück.
Wohl uns, gelungen ist unser Tun!
So können wir nun am Abend ruh’n,
uns freuen der vollbrachten Tat,
die Wissen und Fleiß geschaffen hat.
Nun höret noch vom erhöhten Ort
nach altem Brauch ein Segenswort, —
ich blick‘ in die weite Welt hinein
und schließ‘ mich selbst in den Wunsch mit ein:
Zuerst der Bauherr sei genannt,
mit dem uns dieser Bau verband:
Es steh‘ sein Haus in Gottes Schutz,
und biete den Gefahren Trutz!
Und wie sein Haus steht fest und schön,
so mög‘ hinfort sein Glück besteh‘n!
Der Freuden soll er viel genießen
bis an sein Ziel im ewigen Frieden.
(Sprecher trinkt)
Sodann sei unser auch gedacht,
die wir dies Werk hervorgebracht.
Gesell‘ und Meister lebe heut‘
und lang‘ in Fried‘ und Freudigkeit!
Wir wollen noch bauen manches Haus
und breiten Ruhm und Segen aus,
bis wir die ewige Heimat schau‘n,
wo wir auf andere Weise bau‘n!
(Trinkt das zweite Glas)
Und nun, was unterm Himmelszelt
ihr weite Erdkreis in sich hält, —
Gott segne sie, Mann, Weib und Kind,
und mach‘ sie froh und fromm gesinnt,
und nehme nach ihrem Erdenlauf
sie gnädig in seine Arme auf!
(Trinkt das dritte Glas)